28.4.1998

Ræðismannafundur í Bonn (þýska)

Rede am Konsulartreffen
Bonn, 28. April 1998.

Für uns Isländer hat es sich als unschätzbar erwiesen, auf Beistand von Repräsentanten wie Ihnen bauen zu können. Für das große Werk, das Sie verrichten, wird niemals genügend gedankt. Deshalb ist es für mich zugleich eine Ehre und ein Vergnügen, an dieser Mittagstafel hier und heute anwesend sein zu können und mein Wort an Sie zu richten.

Das Jahrhundert, das jetzt bald verstreicht, hat wohl größere Veränderungen auf Island gezeitigt, als in irgendeinem anderen europäischen Land. Nicht genug damit, daß die Isländer ihre Unabhängigkeit erlangt haben, nein die isländische Gesellschaft hat überdies einen Riesensprung gemacht aus der Vorzeit früherer Jahrhunderte hinein in die moderne Welt. Hier möchte ich besonders ins Gedächtnis rufen, daß der Geist der Unabhängigkeit, welcher den Isländern im vorigen Jahrhundert eingehaucht worden war, nicht zuletzt seine Wurzeln hier in Deutschland hat. Ich verweise in diesem Zusammenhang besonders auf Konrad Maurer ) denn seiner werden wir morgen in München ehrend gedenken.

Wir Isländer benötigten zwei Jahrzehnte nach dem Ausgang des zweiten Weltkrieges, um dieselben Lenkungsformen im wirtschaftlichen Bereich einzuführen wie die demokratischen Völker in Europa. Doch es geschah nicht vor dem Ende der sechziger Jahre, daß wir uns der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit anderen europäischen Völkern in der EFTA verschrieben.


Zu dieser Zeit herrschte Stabilität in Fragen der isländischen Politik und Ökonomie, doch diese verschwand in den siebziger Jahren. Nach einem zwei Jahrzehnte dauernden Kampf gegen die hohe Inflation und Instabilität ist es in den letzten Jahren gelungen, die Verteidigung in einen Angriff zu vereiteln, und jetzt sind die Verhältnisse in Politik und Wirtschaft wie man sie sich besser nicht denken kann.

Gemäß den internationalen Richtlinien der OECD belegt Island jetzt den fünften Platz im Hinblich auf die ökonomische Stärke und den Lebensstandard der Völker.

Für mich als Minister für Bildung, Kultur und Wissenschaft ist es ein besonderes Vergnügen zu verfolgen, wie viel Wachstum in allen diesen Bereichen stattgefunden hat. Gewiß mußten wir Isländer dieselben Schwierigkeiten bewältigen wie andere, die ihre öffentlichen Ausgaben reduzieren müssen. Das trifft nicht zuletzt auf die oben angesprochenen Themenbereiche zu, wie Ihnen allen bekannt ist. Andererseits setzt sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, daß Völker in der modernen Welt nur durch die Pflege von Bildung, Forschung und Entwicklung erfolgreich sein können.

Die High-Tech-Industrie hat auf Island Fuß gefaßt, und dort bestehen gute Voraussetzungen um kognitive und biologische Forschung zu betreiben, um nur zwei Beispiele zu nennen. Jüngst wurden Großverträge mit ausländischen Partnern und Investoren auf diesen Gebieten abgeschlossen, Hoffmann La Roche in der Biologie/Medizin und IBM im kognitiven Bereich. Ich bin davon überzeugt, daß diese Verträge die Stellung der Isländer selbst einschneidend verändern werden, wenn sie die Stellung ihrer Erwerbszweige im internationalen Kontext sehen. Die Seefischerei und die energieabhängige Industrie bleiben weiterhin wichtige Grundpfeiler des Vermögenswachstums auf Island, und auch die Wichtigkeit anderer Erwerbszweige wird in Zukunft zunehmen. Der Tourismus sowie der internationale Handel und Verkehr spielen dabei eine wichtige Rolle.


Ich möchte auf das Faktum hinweisen, daß wir uns die Computer-Technik schneller und effektiver angeeignet haben als die meisten anderen Völker. Demgemäß beispielsweise sind auf Island alle höheren Schulen und bei weitem die meisten, wenn nicht alle Grundschulen an das Internet angeschlossen. Bei uns bestehen viele Pläne, die Bildung auf diesem wichtigen Sektor zu fördern. Die Technik hat unter anderem die Koordination zwischen den Schulen und den Schülern vereinfacht, unter anderem mit Ihren Landsleuten. Man darf sagen, daß diese neue Technik die Distanzen in den Köpfen der jüngeren Generationen buchstäblich ausgelöscht hat und sie haben mehr Möglichkeiten als jemals zuvor, zu reisen und sich gegenseitig in ihren heimatlichen Gefilden kennenzulernen.

Auf Island vereinigen sich mannigfältige kulturelle Strömungen und umspielen gleichsam das alte Kulturerbe, welches das Rückgrat unserer nationalen Identität ist. Wenn diese Strömungen mit isländischen Händen gewirkt werden, entsteht etwas ganz neues, das weit über das isländische Gemeinwesen mit seiner niedrigen Bevölkerungszahl hinaus Interesse weckt. Es genügt in diesem Zusammenhang den Namen Björk aus der Gegenwart oder Halldór Laxness aus dem Schriftstellermillieu zu nennen. Im nächsten Jahr werden hundert Jahre verstrichen sein seit der Geburt des Komponisten Jón Leif, der hier in Deutschland studiert und gearbeitet hat. Sein Ansehen steigt jetzt mehr und mehr in der Welt, und es ist offensichtlich, daß immer mehr Menschen seinen Beitrag zur Musikliteratur hochschätzen und würdigen. Sodann möchte ich an die Filme erinnern, denn die isländische Filmproduktion hat besonders viel Unterstützung hier aus Deutschland bekommen. Hier arbeiten auch viele isländische Künstler, nicht zuletzt Sänger, und dasselbe gilt für Österreich, denn in Wien haben viele unserer hervorragenden Musiker und Komponisten ihre Studienzeit verbracht.

Dafür daß Isländer ihr Studium an Hochschulen deutschsprachiger Völker betreiben, gibt es eine lange und gute Tradition. Ihnen wurde eine vielfältige Unterstützung gewährt, und es besteht guter Grund dazu, besonders an die Alexander von Humboldt-Stiftung zu erinnern.


Ich weiß, daß Sie isländischen Studierenden und Künstlern oftmals wichtige Unterstützung gewährt haben. Dafür möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit besonders danken. Hier bei Ihrem heutigen Treffen werden viele wichtige Themen zur Sprache gebracht. Ich bin jedoch der Meinung, daß nichts so wichtig ist wie das Individuum, die Menschen, die alle ihr Werk verrichten. Die Kräfte für alles und jedes werden größer, und ohne die Versiertheit in Fremdsprachen und ohne die Kenntnis anderer Nationen können (wir) Isländer uns mitnichten behaupten in der modernen Welt. Dies erfordert Bildung und noch mehr Bildung. Wir beurteilen Nationen in zunehmendem Maße nach ihren schöpferischen Leistungen und ihrem Beitrag an den Künsten in allen Gebieten.

Wir Isländer sind in mehrfacher Hinsicht ein sehr glückliches Volk in diesem Jahrhundert. Die Distanz war für uns über Jahrhunderte hinweg die beste Verteidigung. Als sie verschwand und der Atlantik eine neue militärische Rolle einnahm, bekamen wir gute Verbündete. Uns wurde das Glück zuteil, vernünftige Entscheidungen zu fällen in der Außenpolitik und in Fragen der Sicherheit. Dafür müssen wir dankbar sein, indem wir gleichzeitig mit Nachdruck unseren Willen bekräftigen, mit all denen zusammenzuarbeiten, die demokratische Regierungsformen und die Menschenrechte respektieren.

Unsere Beziehungen zu den europäischen Ländern sind gediehen unter den Voraussetzungen, die mit den Interessen der isländischen Nation im Einklang stehen. Wir haben uns nicht für den Beitritt zur Europäischen Union entschieden, wir schließen uns aber auf praktische Art und Weise daran an, wenn es um Handel, Wissenschaft, Forschung und kulturelle Angelegenheiten geht Ich verleihe nochmals meinen guten Wünschen Nachdruck, daß Ihr hiesiges Treffen am heutigen Tag ebenso nützlich wie vergnüglich sein werde. Ich bedanke mich bei Ihnen für die Freundschaft, die Sie uns Isländern entgegengebracht haben, und für Ihre wichtige und aufopfernde Arbeit.